Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Psychosoziale und biologische Determinanten vitaler Erschöpfung bei Patienten mit Risikofaktoren für die Entwicklung einer manifesten Herzinsuffizienz - Ergebnisse der MedViP-Studie
B. Stanske1, L. Binder2, C. Pouwels2, D. Wetzel2, B. Büchner2, I. Yücel2, C. Lüers2, S. Kleta2, M. M. Kochen2, B. Pieske2, C. Herrmann-Lingen3
1Abt. Psychosomatik und Psychotherapie, Schwerpunkt Psychokardiologie, Georg-August-Universität, Göttingen, BusinessLogic.Land; 2Georg-August-Universität, Göttingen; 3Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Philipps-Universität, Marburg;
Bei kardiologischen Patienten können subjektive Symptome wie Erschöpfung nur bedingt durch das Ausmaß kardialer Pathologie erklärt werden, während sich psychosoziale Faktoren und neuroendokrine Aktivierung als relevant erwiesen haben.
Ziel: Unabhängige Effekte von Persönlichkeit, sozialer Unterstützung, kardiologischem Status und humoralen Faktoren auf vitale Erschöpfung (VE) bei Pat. mit Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz (HI) sollten aufgedeckt werden.
Methodik: 368 Pat. mit Risikofaktoren für HI wurden einer diagnostischen Untersuchung (Echokardiographie, Interleukin 6 [IL-6] und natriuretische Peptide [NT-proBNP, NT-proANP], psychosoziale Tests) zu Beginn und etwa 1 Jahr nach Studieneinschluss zugeführt. Die Analyse bezieht sich auf 182 Pat., die anhand des Maastricht Questionnaire (MQ) der niedrigsten (VE-; n=92) oder höchsten (VE+; n=90) Quartile für VE zugeordnet wurden.
Ergebnisse: Von den 182 Pat. (62% Männer, Alter: 62±11a) hatten 86% eine arterielle Hypertonie, 35% Diabetes mellitus and 29% eine koronare Herzkrankheit. Durch separate logistische Regressionsanalysen konnte die Zuordnung zu hoher vs. geringer VE durch somatische Prädiktoren (weiblich, Ejektionsfraktion, Herzfrequenz
, Betablocker-Medikation, IL-6­, NT-proBNP) in 69,8%, durch psychosoziale Faktoren (Typ D, soziale Unterstützung) in 74,9% korrekt vorhergesagt werden. Unter gleichzeitigem Einschluss ergab sich eine korrekte Klassifikation (CC) von 79,9% (o.g. Prädiktoren außer Betablocker signifikant).
Im Follow-up (n=150) zeigten 51 der nachuntersuchten 74 VE+ Pat. weiterhin hohe MQ-Werte. Durch logistische Regression (CC=83,7%) wurde hohe VE nur durch psychosoziale Faktoren (körperliche Lebensqualität
[OR=0,89], psychosozialer Disstress↑­ [OR=5,7], Typ-D-Persönlichkeit [OR=4,0] und soziale Unterstützung[OR=0,42]) prospektiv vorhergesagt. Somatische Faktoren konnten VE nicht vorhersagen.
Schlussfolgerung: Erschöpfung bei Pat. mit Risikofaktoren für eine HI wird v.a. durch Persönlichkeitsstruktur und soziale Unterstützung erklärt. In der Querschnittsanalyse war IL-6 mit größerer, NT-proBNP (Anti-Stress-Hormon?) mit geringerer VE assoziiert. Prospektiv persistierte hohe VE in 69% und wurde nur durch psychosoziale Faktoren vorhergesagt.

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