Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Vermeidung von Kammerstimulation bei Patienten mit Sinusknotendysfunktion und intakter AV-Leitung: Wie effektiv ist die Programmierung einer langen AV-Zeit?
M. Stockburger1, A. Nitardy2, H. Langreck2, W. Haverkamp2, R. Dietz2
1Medizinische Klinik m. S. Kardiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, BusinessLogic.Land; 2Medizinische Klinik m. S. Kardiologie, Campus Virchow-Klinikum und Campus Berlin-Buch, Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin;
Hintergrund: Rechtsventrikuläres Pacing (RVP) erhöht die Häufigkeit von Vorhofflimmern (VHF) und die Hospitalisationsrate für Herzinsuffizienz. Patienten mit Sinusknotendysfunktion (SD) wird häufig ein DDDR-Schrittmacher (SM) zur Absicherung auch gegen AV-Block und bradykardes VHF implantiert. Ein großer Teil der SM wird nie programmiert. Bei Sinusknotendysfunktion (SD) und intakter AV-Leitung ist DDIR mit langer AV-Zeit eine mögliche Strategie zur Vermeidung von schädlichem RVP. Ziel dieser Studie ist die Überprüfung der Effektivität dieser Strategie an einem unselektierten Patientenkollektiv im Vergleich zur Nominalprogrammierung.
Methoden: Bei 37 Patienten (73±8 Jahre, 20 weiblich, Wenckebachpunkt >/= 130/min) mit SD wurde ein DDDR-SM implantiert. Die Häufigkeit von RVP wurde unter DDDR (frequenzadaptive AV-Zeit 150/120 ms nach Pace/Sense, Search-AV adaptiv) während der ersten postoperativen Tage und unter langfristiger DDIR-Programmierung (feste lange AV-Zeit, mit der bei der Programmierung RVP vermieden wurde) anhand der Schrittmacherzähler verglichen.
Ergebnisse: Unter nominalem DDDR (Follow-up 7,5d) trat durchschnittlich zu 51% (median 41%) und unter DDIR mit langer AV-Zeit (Follow-up 155d)zu 12% (median 2,4%) RVP auf (p<0,001). Bei n = 17 (46%) liess sich RVP vollständig vermeiden (<1%), n =12 (32%) hatten >1% </= 20%, 8 (22%) hatten > 20% und n = 3 (8%) > 40% RVP. Die PQ-Zeit lag bei 160±31 ms. Die mittlere AV-Zeit in DDIR war 275±28 ms. Bei n = 8 (22%) trat intermittierend VHF (>1% VHF) auf. Die Vorhofflimmerlast korrelierte nicht mit dem Ausmass an RVP. Stimulationsinduzierte Kammerarrhythmien unter DDIR wurden nicht beobachtet.
Schlussfolgerung: Die durchschnittliche Inzidenz von RVP bei Patienten mit SD und intakter AV-Leitung lässt sich durch Programmierung von DDIR mit langer individualisierter AV-Zeit signifikant und relevant vermindern. Bei > 40% der Patienten lässt sich so unnötiges RVP vollständig verhindern. Bei >75% ist eine niedrige (</=20%)Inzidenz von RVP erreichbar, bei >20% tritt aber trotz langer AV-Zeit häufig (>20%) RVP auf. Für ältere SM-Modelle bietet der DDIR-Modus mit langer AV-Zeit eine Strategie zur Vermeidung von RVP, die aber im Einzelfall zu überprüfen ist. Neue automatisierte Strategien zur Vermeidung von RVP sind erforderlich.

http://www.abstractserver.de/dgk2005/ht/abstracts/P329.htm