Z Kardiol 94: Suppl 2 (2005)

Paradoxes Undersensing von Vorhofflimmern durch inadäquate Umschaltung in den Störbetrieb bei Zweikammer-Schrittmachersystemen

C. Kolb1, P. Halbfass2, B. Zrenner2, C. Schmitt2
1Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen, Deutsches Herzzentrum München, München, BusinessLogic.Land; 2Elektrophysiologie, Deutsches Herzzentrum München, München;

Hintergrund: Paradoxes atriales Undersensing von Vorhofflimmern bei hohen Empfindlichkeitseinstellungen des Schrittmachers mit konsekutivem Umschalten in den Störbetrieb wurde in einem Tiermodell (Schaf) beschrieben. Es ist unbekannt, ob dieses Phänomen auch beim Menschen auftritt.

Methode: Bei 71 Patienten mit implantiertem Zweikammer-Schrittmachersystemen und Vorhofflimmern bei Routinenachsorgen erfolgte eine Testung auf paradoxes atriales Undersensing. Zunächst wurde die Wahrnehmungsschwelle für Vorhofflimmern bestimmt (unempfindlichste Vorhofprogrammierung mit durchgehend Modeswitch über 30 Sekunden). Dann wurde die Vorhofempfindlichkeit schrittweise erhöht. Wenn – nachdem unter unempfindlicher Einstellung korrektes Modeswitch-Verhalten dokumentiert werden konnte - bei empfindlicheren Vorhofprogrammierungen Modeswitch ausblieb und wenn das Stimulationsverhalten mit dem jeweiligen Störmodus des Schrittmachers übereinstimmte, wurde von paradoxem atrialen Undersensing ausgegangen.

Ergebnisse: Paradoxes atriales Undersensing konnte bei 9 von 71 (13 %) Patienten bei einer medianen Empfindlichkeit von 0,4 (Spanne 0,15 bis 2,0) mV provoziert werden. Sechs Schrittmachersysteme von 5 verschiedenen Herstellern waren betroffen. Das Auftreten von paradoxem Undersensing war signifikant mit der Wahrnehmungsschwelle für Vorhofflimmern assoziiert (2,7 +/- 1,5 mV für Patienten mit paradoxem Undersensing versus 1,6 +/- 1,3 mV für Patienten ohne paradoxes Undersensing, p=0,02). Eine Reduktion der atrialen Empfindlichkeit löste das Problem des paradoxen Undersensings unter Einhaltung einer ausreichenden Sicherheitsmarge zur Erkennung von Vorhofflimmern bei 8 von 9 Patienten.

Schlussfolgerungen: Paradoxes atriales Undersensing mit Umschalten in den Störbetrieb kann bei allen Schrittmachersystemen auftreten. Bei Verwendung sehr hoher atrialer Empfindlichkeiten beträgt die Inzidenz 13 %. Die inadäquate Umschaltung in den Störbetrieb kann in den meisten Fällen durch eine unempfindlicher Vorhofprogrammierung vermieden werden. Die Kenntnis dieses Phänomens ist wichtig, um ungerechtfertigte Sondenrevision wegen vermeintlich echtem Undersensing unter Vorhofarrhythmien zu vermeiden.


http://www.abstractserver.de/dgk2005/ht/abstracts/P330.htm